Der Vollmond Talk in Public Residence 103 Dortmund
Uri Bülbül auf der Suche nach dem offenen Kunstwerk im Dialog
Mit einem Solo und den Einwürfen aus dem Hintergrund von Guido Meincke startete der Vollmond Talk im Mai 2022.
VON DER AKTUALITÄT DES VOLLMONDS IN 30 TAGEN
- Uri Bülbül nennt sich selbst, um sich in eine Schublade einzustecken: «Postmoderner Romantiker» - er erzählt und liest aus seinen Arbeiten, wirren und verwirrenden Gedankengängen, ganz altmodisch in der Labyrinth-Metapher verfangen, irrend, dann auf den Hund gekommen, keinen zerrissenen roten Faden gefunden, keine Liebesbriefe an Ariadne geschrieben - dafür aber den Text als Prozess entdeckt, den Gedanken als Tanz - literarische Improvisationen wider den Sinn - 30 Tage Vollmond! Literatur, Poesie, Fortsetzungsroman und die Philosophie dazu: wer von euch ohne Torte sei, werfe den ersten Kuchen!
Uri Bülbüls Bestreben ist es, eine zeitgemäße Ästhetik und Poetik zu finden, die die klassische Bildungsrationalität der vergangenen Jahrhunderte hinter sich lässt.
Der Anspruch ist hoch, das Scheitern wahrscheinlich, aber der Mensch wächst an seinen Aufgaben und je mehr das gelingt, desto mehr relativiert sich dieses "Scheitern".
Und so versucht er die klassische Bildung zu unterlaufen und weiß zugleich, dass man nichts unterlaufen kann, was man ignoriert. Durch Humboldt oder Hölderlin, Schelling oder Schiller werden die Geister der Bildungsideale wach und wirken bis Antonin Artaud oder Heiner Müller. Nicht ohne aktuelle Tränen rezietiert er aus Brechts Buckower Elegien, um die er schon in seiner Kulturlaubenlesung im Garten 2021 einen Gedankentanz in Begleitung von Jordana Milena und Utku Yurttaþ vollführte.
Gedankentanz für Sprünge, Pirouetten, freie unalltägliche Bewegungen - warum aber die Hinwendung zum Weltschmerz, zur Melancholie, Herr Bülbül?
Im Hardenberg-Blog und in seinem Hardenberg-Projekt: "Die Gesichter des Niklas Hardenberg" führt Uri Bülbül kulturphilosophische Dialoge mit seinem Alterego Niklas Hardenberg, der sich als literarische Figur durch einige seiner Texte zieht. Mehr darüber kann auf der Autorenhomepage www.uribuelbuel.de gelesen werden. Die Homepage ist zugleich sein literarisches dynamisches Gesamtwerk.
Uri Bülbül plädiert für einen Paradigmenwechsel in Kunst, Kultur und insbesondere in der Literatur und praktiziert diesen Wechsel, so gut er kann.
Schlagwortartig lässt sich dieser gemeinte Paradigmenwechsel so beschreiben: weg vom Paradigma der ("fossilierten") Werkfokussierung, hin zum Prozesshaften, Kommunikativen und Lebendigen. Kunst ist nicht das Werk am Ende, sondern der Prozess, der zu einem Ergebnis führt, aber in diesem Ergebnis auch nur noch als Fossil versteinert anzutreffen ist.
Darüber spricht Uri Bülbül mit verschiedenen Menschen in den Vollmond-Talks, ermöglicht durch den sozial-künstlerischen Verein in Dortmund Machbarschaft Borsig11, womit auch darauf hingewiesen ist, dass dieser Diskurs sein Spektrum und seine Traditionslinien hat, die zu verfolgen sich sehr lohnt. Der Verein geht auf die Aktion von Jochen Gerz für 2010 "2-3 Straßen" zurück. Und Uri Bülbüls Gedanken möchten bis zur deutschen Klassik und Romantik reichen: von Hölderlin (gestern) bis Hölderling (heute).
Zum Auftakt des Hardenberg-Projektes machte er den Film "Das Hardenberg-Projekt": Die fiktive Gestalt Niklas Hardenberf will in der Realität Gestalt annehmen. Er will mit seinem Autor und Schöpfer sich die freie Kulturszene anschauen und sich dort niederlasssen, wo es ihm am besten gefällt. Der Autor versucht Niklas Hardenberg davon abzubringen, indem er ihm ein viel interessanteres Angebot unterbreitet: Er kann als Detektiv in 1001-Nacht den unerwarteten Tod Sheherezades untersuchen, die in der 1002. Nacht enthauptet wird. So enden keine Märchen. Was ist passiert?