11. Dezember 2022








Foto: Selin

Vollmond Talks im Chancen-Café 103 und Paradigmenwechsel in der Kultur...

Das Konzept des offenen Kunstwerks


Philosophie kann ein Kunstwerk sein, und dieses Kunstwerk kommt ohne Philosophie nicht aus.

Fragmentarisches, Anarchisches, Assoziatives steht im Vordergrund. Die Stringenz der Logik, die Evidenz und Apodiktizität der Schlüsse: dieses unweigerlich und unausweichlich für Wahr erkennen und anerkennen Müssen - was ist denn nun damit? Die Kohärenz des Systems, seine innere Widerspruchsfreiheit? Wird nun alles dem Chaos geopfert? Weder ist das Gegenteil von Hierarchie Chaos, noch ist Anarchie ohne Ordnung, sondern nur ohne Hierarchie, ohne Prinzipien, ohne Axiome... es gab mal eine Kinderfilmreihe unter dem Motto: es ist alles in Ordnung, solange du wild bist... DIE WILDEN KERLE... wie, bitte schön, kann der Mensch seine Sinne und sein Bewusstsein öffnen, wenn er immer an alten Prinzipien klebt: Ordnung und Hierarchie verwechselt, sich unterordnet, anstatt seiner Intuition und seinen Bedürfnisse zu folgen? Da schreien einige: «Chaos, Mord und Totschlag!» Ja,klar, weil Kaiserreich, Monarchie und die Diktaturen aller Art immer nur Frieden und Glückseligkeit gebracht haben!

Das Leben ist nicht regellos! Aber Dogmen, Gesetze, Vorschriften, Paragraphen, Verordnungen geben nicht per se die Regelhaftigkeit des Lebens wieder. Sie versteinern häufig nur das mangelnde menschliche Verständnis für das Vitale, Schöne, Erhabene - für die Freiheit!

Das erfordert ein neues Kunstkonzept. Das erfordert ein anderes Kulturverständnis.

«Und es ist in der Tat keine Aufklärungsbewegung von oben nach unten, sondern ein Klettern aus der Höhle von unten nach oben. Und dann erwarten uns bei saftig grünen Wiesen und heiterem Sonnenschein die Mühen der Ebenen», sagt der ehemalige Marxist, der sich vom Marxismus mit den Worten verabschiedete: «Ich bin kein Marxist, ich kann selber denken! Aber Kommunist bleibe ich nach wie vor.» Immanuel Kant werde nicht ernst genommen, so seine Aufklärungsthese, die Aufklärung sei abgehakt wie eine vergangene Epoche, nur noch ein Schulfachthema, ansonsten gelte: Kant hat gesagt: "habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen". Und die Frage sei doch nun: Na und? Was ist, wenn er es nicht gesagt hätte? Hätten wir dann mehr oder weniger Mut, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen? Und bedienen wir uns unseres eigenen Verstandes, weil Kant es gesagt hat? Und welche Rolle spielten dann die alten, kanonisierten Texte, Werke, Autoren? Uri Bülbül: «Sie sind für mich wie ein Schleifstein, um meinen Verstand an ihnen zu schärfen. Die Analyse der Gegenwart ist eine ganz andere Herausforderung. Dafür gilt der Wittgensteinsche Satz: "Denke nicht, sondern schau!" Wir brauchen die Sensibilität und Empathie einer emanzipierten und vom Rationalismus befreiten Erkenntnisfähigkeit.» Ein ehrgeiziges Projekt auf kleinem Raum, aber jeder Baum hat mal klein angefangen.

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