LIANA ALEKSANYAN:
Frei auf der Bühne
Ein Interview von Gökçe Yeþilyurt
mit der Opernsängerin Liana Aleksanyan
Liana, wenn du über dein Leben sprichst, über deine Karriere reflektierst, was geschieht in deinem Kopf,
tauchen da bestimmte Bilder auf, Assoziationen? Fällt dir ein Kostüm, ein Stück,
eine Erinnerung im Besonderen ein?
Es gibt unfassbar viele Momente, Bilder die mich durch meine Karriere begleiten. Aber zwei haben mich besonders geprägt. Das eine ist, als ich 2016 mit Madame Butterfly in Mailand auf der Scala stand. Ich erinnere mich, dass meine Hände angefangen habe so zu zittern, dass ich das Gefühl hatte meine Handbewegungen nicht machen zu können. Die Knie wurden so weich, dass das Betreten der Bühne mir unmöglich schien, wenn du aber dann doch auf der Bühne stehst, vergisst du alles, kein Zittern, keine Gedanken, nur noch die Rolle, die du spielst, und die Zuschauer.
Das zweite Erlebnis, was für mich unvergesslich ist, ist dass ich spontan für eine erkrankte Kollegin eingesprungen bin, um in La Traviata die Violetta Valery zu singen. Ich war gerade im Fitnessstudio in Braunschweig, als ich einen Anruf bekam und ich gefragt wurde, ob ich am selben Abend in Hamburg an der Staatsoper für eine Kollegin einspringen kann. Ich hatte gar keine Zeit zu überlegen und sagte, ja. Ich habe mich sofort auf den Weg nach Hamburg gemacht. Ich kam 40 Minuten vor der Aufführung an und hatte keine Gelegenheit mehr, mich mit dem Kollegen abzusprechen. Nichtsdestotrotz war das die beste Vorstellung meines Lebens. Ich war frei auf der Bühne und konnte singen und mich bewegen, wie ich wollte ohne jegliche Einschränkung. Es war meine eigene Interpretation der Violetta, das war ein einmaliges Erlebnis.